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ZEICHEN Signo - Deutsche Zitate

(comp.) Justo Fernández López

Diccionario de lingüística español y alemán

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horizontal rule

Vgl.:

Signal / Symptom / Symbol / Ikon / Index / Referenz / Signifikant / Referenz / Form vs. Substanz  / Arbitrarität / Begriff  / Ausdrucksform vs. Ausdruckssubstanz / Ausdrucksseite vs. Inhaltsseite / Inhaltsform vs. Inhaltssubstanz / Bedeutung / Motivierung / Bezeichnendes vs. Bezeichnetes / Organonmodell / Wortsemantik / Hypostasierung / Grammatikalisierung [Kritik von M. Morera] / Abbildungstheorie / Begriff / Polysemie / Semiotisches Dreieck / Semiotisches Viereck / Semiotisches Trapez / Semiose / Semiotik / Zeichen nach Ch. S. Peirce / Peirce, Charles Sanders / Derrida / Zeichen und ihre Einteilung

 

„In der griechischen Sprache ist ‘semeion’ = Zeichen und ‘sema’ = Grab.

[Lipowatz, Thanos: Die Verleugnung des Politischen. Die Ethik des Symbolischen bei Jacques Lacan. Weinheim und Berlin: Quadriga Verlag, 1986, S. 169, Anmerkung 139]

„In Peri hermeneias stellt Aristoteles zuerst die semantische Situation dar, bevor er an den Satz herangeht. Diese lässt sich so darstellen:

Peri hermeneias 16 a 3-8: Sunt ergo ea quae sunt in voce earum quae sunt in anima passionum nota ... quorum autem haec primorum notae, eadem omnibus passiones animae. – Was im Ausdruck ist, ist Zeichen der „passiones“ in der Seele ... diese sind aber dieselben bei allen. Der Ausdruck ist ein willkürliches Zeichen, das in den verschiedenen Sprachen jeweils verschieden ist. Es bezeichnet den Begriff, der ein notwendiges, d.h. für alle gleiches Gleichnis der bezeichneten Sache ist. Der Begriff ist die durch den Intellekt rezipierte Form des Gegenstandes.

Die fehlende Präzision dieser Darstellung spricht für sich selbst: was heißt z. B. „Begriff“ (passio animae), was „Gleichnis“, was „dasselbe“, was „Zeichen“. Die Kommentarliteratur wird zeigen, auf wie viele Weisen diese Formel interpretiert werden kann.

Die Stoa ist in unserem Zusammenhang wichtig, weil sie eine bessere semantische Analyse gibt. Diese kann so dargestellt werden:

Der Ausdruck ist notwendig mit einem bestimmen Inhalt verknüpft. Das besagt aber nicht, dass die Wörter nicht mehrdeutig sein können. Aber in jedem Kontext haben sie einen und nur einen Sinn (lekton). Das lekton ist also das vom Ausdruck Konnotierte. Ein solches lekton gibt es im eigentlichen Sinne nicht. Es ist etwas Unkörperliches, das nur mit dem Ausdruck zusammen existiert. Es übt die gleiche Funktion aus wie die Ideen und Formen der Platoniker und Aristoteliker: es ist das Allgemeine, aus dem wissenschaftliche Sätze bestehen. Das lekton ist aber nicht konform mit den bezeichneten Gegenständen: es nimmt an keinem der denotierten Gegenstände noch an irgendeiner denotierten Eigenschaft teil. Das heißt aber auch umgekehrt, dass die denotierten Gegenstände nicht an den Eigenschaften des lekton teilnehmen. Sie sind z.B. nicht allgemein. Ein allgemeiner Name konnotiert zwar eine allgemeine Eigenschaft, aber er denotiert nur ein konkretes Individuum. Die Verben konnotieren „Prädikate“ (kategoremata), aber denotieren einen konkreten Gegenstand im Moment des Prozesses. Dies geschieht aber zuerst in dem aus Nomen und Verbum zusammengesetzten Satz, der ein vollständiges lekton ist. Der Satz ist die primäre Einheit der Sprache. Subjekte und Prädikate sind unvollständig. [...] Die vollständigen lekta werden in atomare und molekulare lekta geteilt. Diese werden in verschiedene Typen eingeteilt und miteinander verglichen, wobei sich die Stoiker stark für die Konnektive interessieren, aber überhaupt eine vollständige Sprachbeschreibung erzielen.“

[Pinborg, Jan: Logik und Semantik im Mittelalter. Ein Überblick. Stuttgart-Bad Cannstatt: Friedrich Fromman Verlag Verlag Günther Holzboog, 1972, S. 30-32]

Zeichen: Das Zeichen lebt nur im System.”

[Wittgenstein, Ludwig: Werkausgabe, Bd. 8, S. 301]

«Jedes Zeichen scheint allein tot. Was gibt ihm Leben? – Im Gebrauch lebt es. Hat es da den lebenden Atem in sich? – Oder ist der Gebrauch sein Atem?»

[Wittgenstein, Ludwig: Philosophische Untersuchungen. § 432]

„Was in den Zeichen nicht zum Ausdruck kommt, das zeigt ihre Anwendung“

[Wittgenstein, Ludwig: Tractatus 3.262]

«Das Zeichen an sich selbst (ist) unbedeutend = 0» – wie nicht erst Saussure, sondern schon Hölderlin weiß (Hölderlin: Die Bedeutung der Tragödien, FA 14, p. 383). Semantischen Wert erhält er erst durch seine diakritische Ausdifferenzierung gegenüber anderen Zeichen.”

[Hörisch, Jochen: Brot und Wein. Die Poesie des Abendmahls. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1992, S. 217]

[Erstellt: Justo Fernández López]

„Das Zeichen lebt nur im System“.

[Wittgenstein, L.: Zettel. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1970, Nr. 146]

Zeichen sind keine empirischen Objekte, die sich in der Welt vorfinden lassen wie etwa Bäume oder Häuser. Sie sind nicht «da» wie Fakten in der Welt, sondern sie lassen sich allenfalls an solchen aufweisen. Und sie existieren nur, soweit sie dabei als Hinweise für anderes genommen werden. Haarbüschel oder Markierungen im Schnee stellen von sich aus nichts vor, sondern werden erst zu deutbaren Spuren kraft einer Zuschreibung, die sie etwas ausdrücken lässt, was in ihnen nicht enthalten ist.

Insbesondere folgt daraus, dass als Zeichen nur erkannt wird, was als solches «gelesen» werden kann. Dieses wiederum setzt vorgängiges Sich-darauf-Verstehen, also auch Verständnis voraus: Die Fährten eines Tieres vermag nur zu finden, wer sich auskennt, denn ein Unverständiger wüsste vermutlich weder, worauf er zu achten hätte, noch ob das, was er gerade vor sich hat, überhaupt zu interpretieren ist oder nicht. Das gleiche gilt für Bodenwellen oder Erosionen, die dem Geologen vielleicht ein dramatisches Kapitel der Erdgeschichte offenbaren, wo der naive Betrachter bestenfalls ein ästhetisches Naturschauspiel wahrnimmt. Zeichen sind Funktionen; sie sprechen nicht für sich selbst, sondern für ein anderes, das sie nicht sind und das deshalb aus ihnen erst «herauszubringen» (dia-legere) ist. [...]

Oft ist es sogar gerade das in täuschender Absicht Verheimlichte, das für die kriminalistische Untersuchung ausschlaggebend wird. D.h. die Zeichen können trügen, sie können das, worauf sie zeigen, verbergen. Das gilt vor allem für die falschen Fährten, die gelegt werden, um von anderem abzulenken, oder für Spuren, die beim Versuch entstehen, sämtliche Spuren zu verwischen. [...]

Zeichen sind daher für Eco alles, «was man zum Lügen verwenden kann» (SZ 26, 89). Ihr Vorhandensein bedeutet nicht notwendig, etwas offenbar zu machen, sondern gleichermaßen, mit ihrer Hilfe etwas kaschieren oder vertuschen zu können. Daraus folgt die Notwendigkeit ihrer Interpretation. Zeichen sind nicht allein eine Frage der Erkenntnis, sie gehen nicht unmittelbar in dem auf, was sie repräsentieren. Entsprechend hat es der Detektiv mit Hinweisen zu tun, die regelmäßig etwas anderes bedeuten können als sie zu bezeugen scheinen. Wenn es für ihn also darauf ankommt, das Entscheidende hinter einer Tat und ihr Zustandekommen herauszufinden, die Lüge zu demaskieren und den «tatsächlichen» Hergang bloßzulegen, so darf er sich nicht allein auf die Referenz der Zeichen verlassen, sondern er muss auf die Differenz zwischen Bezeichnung und Bedeutung pochen. Er muss sozusagen die wesentliche Dreistelligkeit des Zeichens in Rechnung stellen. Erst sie markiert die eigentliche «Schwelle der Semiotik». Allein das Kriterium des Sinns erlaubt, «den gesamten Kreis der Semiose abzudecken» (SS, 73). [...]

Zeichen sind also immer nur im Hinblick auf einen vollständigen Text lesbar. Der Prozess der Semiose bildet ein komplexes Geschehen, das einzig im Verweis auf ein ganzes Netz anderer Zeichen abgerundet werden kann. Keinem Zeichen käme für sich alleine Bedeutung zu; vielmehr sind innerhalb eines Systems alle Zeichen ausschließlich in Beziehung zueinander deutbar. Das ist vor allem für die Rechtsprechung relevant.”

[Mersch, Dieter: Umberto Eco zur Einführung. Hamburg: Junius, 1993, S. 56-59]

Das Sprachzeichen

Zunächst müssen wir uns vergewissern, dass auch die Elemente der Sprache zu den Zeichen gehören. Wir müssen also an ihnen Signifikant und Signifikat unterscheiden. Als Beispiel diene das Wort “Halt!” auf einem Verkehrsschild. Wir sehen, dass der Signifikant, d. h. der materielle Träger, aus den Buchstaben besteht, während das Signifikat die Aufforderung zum Stoppen ist. Die Buchstaben als materielle Träger sind jedoch sekundär; dort, wo kein Schild stände, könnte ein Schutzmann “Halt!” rufen. In diesem Falle wäre der Signifikant des Sprachzeichens das Lautbild. Dieses Lautbild wird mit Hilfe der Sendevorrichtung der menschlichen Stimme produziert. Es kann mit Hilfe anderer Sendevorrichtungen, z.B. der Buchstabenschrift, reproduziert werden.

Wir bezeichnen den besonderen Zweig der Semiologie, der sich mit den Sprachzeichen beschäftigt, Linguistik (lat. = Sprachwissenschaft). Soweit die Linguistik die allgemeinen Gesetze der Sprachzeichen behandelt, sprechen wir von allgemeiner Linguistik.

Das einzelne Sprachzeichen besteht also aus Signifikant und Signifikat, aus Lautbild und Sinn. Die Zuordnung eines Lautbildes zu einem Sinn geschieht willkürlich, oder wie wir sagen, konventionell (lat. = nach Gutdünken). Der beste Beweis dafür ist die Verschiedenheit der Lautbilder für gleiche Bedeutungen in den verschiedenen Sprachen. Allerdings darf man nicht glauben, dass die Bedeutungen unabhängig von ihren Lautbildern existieren. Wo kein Lautbild ist, da ist auch keine Bedeutung. Der Beweis dafür ist, dass Sprachen, die kein Wort für grün kennen, diese Farbe auch nicht als von blau unterschieden ansehen.”

[Link, Jürgen: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe. Eine programmierte Einführung auf strukturalistischer Basis. München: Wilhelm Fink Verlag, 1974, S.46]

Zeichen [engl. sign]. Grundelement einer allgemeinen Zeichentheorie (Semiotik). Abstraktionsklasse aller sinnlich wahrnehmbaren Signale, die sich auf denselben Gegenstand oder Sachverhalt in der realen Welt beziehen. Man unterscheidet zwischen natürlichen Zeichen (auch: Anzeichen), die auf einer kausalen Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem beruhen, (z. B. gelbe Hautfarbe als Symptom einer bestimmten Krankheit) und künstlichen Zeichen (auch: Repräsentationszeichen), die auf Vereinbarung beruhen und sprachspezifisch ausgeprägt sind, z. B. gelb als Bezeichnung eines bestimmten Ausschnittes aus dem Farbspektrum.

Sprachliche Zeichen haben spezifische Grundeigenschaften (vgl. de Saussure [1916]):

(a)  Bilateralität: jedes Zeichen besteht aus der Zuordnung von zwei Aspekten, dem materiellen (lautlich oder graphisch realisierten) Zeichen-Körper (= Bezeichnendes) sowie einem begrifflichen Konzept (= Bezeichnetes). Zur unterschiedlichen Terminologie vgl. Bezeichnendes vs. Bezeichnetes. Im Unterschied zu de Saussure zweiseitigem Zeichen gehen andere Forscher, z. B. Peirce, von der triadischen Struktur des Zeichens aus und unterscheiden zwischen Zeichenkörper, Bezeichnetem und Sprecher.

(b)  Arbitrarität: die Zuordnung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem ist zwar konventionell vorgegeben, sie ist aber arbiträr (= ‘willkürlich’) insofern, als sie sprachspezifisch verschieden und der Zusammenhang zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem nicht motiviert ist.

(c)  Linearität: als sinnlich wahrnehmbares Signal verläuft das sprachliche Zeichen ausschließlich in der Zeit.

In der Zeichentheorie wird zwischen drei (bzw. vier) Untersuchungsaspekten unterschieden: syntaktischer Aspekt: Relation zwischen verschiedenen Zeichen (Syntax); semantischer Aspekt: Relation zwischen Zeichen und Bedeutung (Semantik); pragmatischer Aspekt: Relation zwischen Zeichen und Zeichenbenutzer (Pragmatik) und (seit Klaus [1962]) sigmatischer Aspekt: Relation zwischen Zeichen und außersprachlicher Welt (Sigmatik).“ [Bußmann, H., S. 864]

Zeichen: Ein sprachliches Zeichen ist eine Einheit von Ausdruck (Lautung) und Inhalt (Bedeutung), nach Saussure Einheit von signifiant (Signifikant oder Signans) und signifié (Signifikat oder Designans); Verbindung beider Seiten ist arbiträr, an sich beliebig, aber durch Konvention jeder Einzelsprache festgelegt; die vom Sprecher in der außersprachliche Wirklichkeit gemeinte Sache (chose), der außersprachliche Bezugspunkt (Verweischarakter des Zeichens) ist das dem Zeichen als Denotator entsprechende Denotat (auch: Referent).

Im Gegensatz zum bilateralen Zeichen wird das unilaterale Zeichen nicht als zweiseitig, sondern als einseitig betrachtet: Zeichen ist nur der Lautkörper, nicht auch der zugehörige Inhalt.“

[Ulrich, Winfried, Linguistische Grundbegriffe, S. 135-136]

[Erstellt: Justo Fernández López, nach W. Ulrich]

„In all diesen Fällen von indirekter Denotation (über den Umweg von Sinn und Form) gilt, dass der indirekte Modus selbst, wie alles, was sich auf dem Weg vom initialen Signifikanten (nuit, prof) zum letztlichen Denotat („Tod“, „Professor“) abspielt, auf einer zweiten Stufe seine Eigenschaften exemplizifiziert und also konnotiert. ( ... zum letztlichen Denotat. Ich sollte wohl strenger sagen „zum letzten Signifikat, welches das Denotat ist“. Der einfachste semiotische Weg geht von einem Signifikanten zu einem Signifikat, und vom Signifikat („Begriff“ nach Saussure; „Sinn“ nach Frege) zum Denotat oder Referent, der die Applikation oder Extension dieses Begriffs ist: vom Signifikanten Morgenstern zum Begriff Morgenstern und von diesem zum Planeten Venus. Der Unterschied zwischen Signifikat und Referent hat, wie mir scheint, nicht den ontologischen und absoluten Charakter, den man manchmal annimmt: es handelt sich eher um relative Positionen auf einem Weg, der stets abgekürzt (wenn man bei „Morgenstern“ Halt macht, ohne zu fragen, um welchen Stern unseres Sonnensystems es sich handelt) oder verlängert (wenn der Planet Venus selbst als Symbol für etwas anderes funktioniert) werden kann. Der Referent hat dem Signifikat keineswegs das Privileg der (materiellen) Realität voraus, denn es gibt imaginäre Referenten: Der Signifikant [Fisdepélé] hat als Signifikat „Sohn des Peleus“, welches als Referenten Achilles hat. Barthes sagte auf seine Weise, dass die Denotation die „letzte Konnotation“ ist (S/Z, Paris, 1970, S. 16).“

[Genette, Gérard: Fiktion und Diktion. München: Fink, 1992, S. 128-129 und 129 Anm. 1]

Zeichenbegriff:

„Jede Sprache ist ein System von Zeichen und jede Grammatik einer Sprache beschäftigt sich mit der Einteilung der Sprachzeichen und den Regeln ihrer Verwendung. Die Sprachzeichen unterscheiden sich in spezifischer Weise von vielen anderen Zeichen, die in der menschlichen Praxis ebenfalls eine große Rolle spielen. Traditionell wird die Gesamtheit der Zeichen in drei Gruppen eingeteilt (so etwa Peirce (1966: 334f.)):

-   die indexikalischen Zeichen (von lat. index ‘Anzeiger’, ‘Kennzeichen’), die mit dem, was sie bezeichnen, in einem direkten physikalischen Zusammenhang stehen: Rauch mit Feuer, rote Flecken mit Masern, Fußspuren mit Lebewesen, die an der Stelle gegangen sind, usw.

-   die ikonischen Zeichen (von griech. eikon ‘Bild’, ‘Abbild’), die zu dem, was sie bezeichnen, in einer Ähnlichkeitsbeziehung stehen; es handelt sich hier also um Abbildungen jeder Art.

-   die symbolischen Zeichen oder Symbole weisen keinerlei Ähnlichkeit oder natürliche Beziehung zu dem, was sie bezeichnen auf; sie funktionieren nur deshalb, weil zwischen den Zeichenbenützer/inne/n eine Übereinkunft darüber besteht, was mit dem jeweiligen Zeichen bezeichnet wird. Ein symbolisches Zeichen ist z. B. das rote Licht einer Ampel, und auch sprachliche Zeichen sind symbolischer Natur.

Auf die Beliebigkeit (auch Willkürlichkeit oder Arbitrarität des sprachlichen Zeichens, also darauf, dass es in keinerlei sichtbarem Zusammenhang mit dem bezeichneten Gegenstand steht, ist in der Geschichte der Sprachwissenschaft verschiedentlich hingewiesen worden. Besonders bekannt ist die Betonung dieses Phänomens durch Ferdinand de Saussure (1916/31: 79ff.). Das sprachliche Zeichen ist in zweifacher Hinsicht willkürlich (arbiträr): Zum einen gibt es natürlich keinen Grund dafür, eine in der Natur vorkommende große harte Pflanze mit der Lautfolge [baum] zu benennen und sie nicht tree oder arbre zu nennen, wie es das Englische bzw. das Französische tun. Tatsächlich ist keines dieser Wörter von seiner äußeren Form her in irgendeiner Weise besser geeignet als eines de anderen, die gemeinte Pflanze zu bezeichnen. Zum anderen ist auch die begriffliche Abgrenzung beliebig, also die Tatsache, dass gerade das, was wir mit Baum bezeichnen, aus der außersprachlichen Wirklichkeit mit einem Begriff ausgegliedert wird. Es ist durchaus möglich, dass eine Sprache kein einheitliches Wort für ‘Baum’ hat, sondern spezifische Wörter für Nadelhölzer und Laubhölzer oder ein Wort, das Bäume, Sträucher und große Stauden gemeinsam bezeichnet. Bei gleicher Erfahrungswelt kann also ein ganz verschiedener sprachlicher Zugriff auf die Gegenstände der Welt vorliegen.

In der Zeichentheorie Saussures werden zwei Seiten des Zeichens unterschieden: die lautliche, der Signifikant (signifiant, auch „Lautbild“ oder „Bezeichnendes“ genant), und die inhaltliche, das Signifikat (signifié, auch „Konzept“, „Vorstellung“ oder „Bezeichnetes“). F. de Saussure veranschaulicht seinen Zeichenbegriff mit einer bildlichen Darstellung:

Das Zeichen ist dabei eine Verbindung der inhaltlichen und der lautlichen Seite; beide Seiten bedingen sich gegenseitig. De Saussure gebraucht in diesem Zusammenhang das Bild eines Blattes Papier, das zwei Seiten hat, die nicht voneinander getrennt, wohl aber unabhängig voneinander betrachtet werden können. Ein Zeichen wie Baum bezieht sich als eine untrennbare Einheit von signifiant und signifié auf die Dinge der Welt, hier den Gegenstand ‘Baum’. Insofern unterscheidet sich die Auffassung de Saussures von der anderer Zeichentheoretiker (z. B. Morris 1938), die annehmen, dass sich eine bestimmte Lautkombination direkt auf das Referenzobjekt bezieht.

Wichtig an der Zeichenkonzeption Saussures ist die Vorstellung, dass sich die Zeichen gegenseitig begrenzen. Das Signifikat ist dadurch determiniert, in welchen Begriffsrelationen es sich befindet und welche benachbarten Begriffe es begrenzen. Z. B. wird im Deutschen das Signifikat ‘warm’ dadurch bestimmt, dass es durch das Signifikat ‘heiß’ begrenzt wird. Wenn es diesen Begriff nicht gäbe, hätte das Signifikat einen wesentlich größeren Bedeutungsumfang und würde auch den im Deutschen heiß genannten Temperaturbereich mit umfassen, wie dies etwa bei franz. chaud der Fall ist. Auch Signifikanten begrenzen sich gegenseitig: ‘Bier’, ‘Pier’, ‘Tier’, ‘dir’ usw. bedeuten jeweils etwas Verschiedenes. Auf der Ebene der Signifikanten wird die Unterscheidung aber, wie die Beispiele zeigen, durch die Einzellaute (Phoneme) bewirkt.

Louis Hjelmslev (1953: 47 ff.), ein bekannter dänischer Strukturalist, ersetzte die Begriffe „Signifikat“/“Signifikant“ durch Inhalt (content) und Ausdruck (expression) und erweiterte sie zugleich insofern, als sie nicht nur ein einzelnes Wort (Zeichen), sondern auch längere Segmente, bis hin zum Text, bezeichnen können.

Das sprachliche Zeichen par excellence ist das Wort.“ [Hentschel / Weydt, S. 11-13]

Zeichen haben für sich keine Bedeutung, ihre Bedeutung liegt ganz in dem, was sie meinen (signum stat pro aliquo). Sie werden auf zweifache Weise definiert: 1/ Eine Verbindung von Ausdruck + Bedeutung (Signal + Information), 2/ Eine Einheit, die sich von einer anderen Einheit unterscheidet (denn der ganze Mechanismus des Zeichensystems Sprache sit auf Identität und Nicht-Identität gegründet). Zeichen haben 3 Dimensionen: 1/ syntaktische (Zeichen <> Zeichen), 2/ semantische (Zeichen <> Objekt), 3/ pragmatische (Zeichen <> Zeichenbenutzer).

Ch. S. Peirce unterscheidet 3 Strukturtypen von Zeichen 1/ Icon (wenn das Zeichen Ähnlichkeit mit dem Bezeichneten hat), 2/ Index (wenn das Zeichen in kausalem Zusammenhang zum Bezeichneten steht), 3/ Symbol (das konventionell dem Bezeichneten zugeordnet ist). Während das Zeichen repräsentierender Natur ist, ist das Anzeichen präsentierender Art (Rauch für Brand). Die traditionelle Semantik fasst - nach Ogden und Richards - das Bezeichnen in dem so genannten semiotischen Dreieck zusammen, dessen Ursprung auf Saussure zurückgeht.

Die Termini Zeichen, Bezeichnendes, Bezeichnetes wurden von Saussure als signe, signifiant, signifié eingeführt. Das Sprachzeichen ist also doppelt strukturiert: es besteht aus Bezeichnendem + Bezeichneten: bilaterale Funktion des Zeichens. Es kann auf einen oder mehrere Umweltreferenten verweisen. Nach Saussure haben Sprachzeichen 2 Grundeigenschaften: sie sind 1/ arbiträr, 2/ sie sind linear (Verkehrszeichen sind nicht-linear strukturiert).

Andere Termini für das semiotische Dreieck sind Lautform + Begriff > Sache. M. L. Hjelmslev hat auf die systematische Interdependenz von Zeichenausdruck + Zeicheninhalt einerseits, andererseits auf die Relevanz der Kategorien Form und Substanz für die Bestimmung sowohl der Ausdrucks- als auch der Inhaltsseite der Zeichen hingewiesen.

Nach H. E. Brekle besteht zwischen der Funktion eines Zeichens und den diese Funktion bestimmenden Größen, nämlich Ausdruck + Inhalt, ein notwendiger Zusammenhang. Ohne die gleichzeitige Anwesenheit von Ausdruck + Inhalt kann es keine Zeichenfunktion geben, ebenso kann der Ausdruck eines Inhalts oder der Inhalt eines Ausdrucks nicht existieren, ohne dass durch sie eine Zeichenfunktion existiert. Ein Ausdruck fungiert als Ausdruck nur, insofern er Ausdruck eines Inhalts ist, und ein Inhalt ist nur Inhalt, insofern er Inhalt eines Ausdrucks ist.“

[Heupel, C., 269-270]

„Die Form des Ausdrucks ist das phonologische System der Sprache, die Substanz des Ausdrucks das phonetische Material. Aus der Ausdrucksseite der Sprache unterscheidet L. Hjelmslev A.-form und A.-Substanz; letztere kann als Lautmaterial, graphisches Inventar usw. als für alle sprachen prinzipiell gleich betrachtet werden. Jedoch existiert sie, bzw. tritt in Erscheinung nur durch die A.-form und A.-substanz. Das sprachliche Zeichen ist ein Zeichen für eine Inhaltssubstanz und ein Zeichen für eine Ausdruckssubstanz“ (Prolegomena, S. 36).“

[Lewandowski, Th.: Linguistisches Wörterbuch. Heidelberg, 1973; Bd. 1, S. 76]

„Auf engste Beziehungen zwischen linguistischem Strukturalismus und formaler Logik wies L. Hjelmslev nicht ohne die Bemerkung hin, dass dies nicht vielen Linguisten bewusst geworden sei. Leider habe sich die formale Logik bei Whitehead, Russell und Carnap zu ihrem beklagenswerten Schaden ohne den notwendigen Kontakt mit der Linguistik entwickelt. U. a. sei der formallogische Begriff des sprachlichen Zeichens unzulänglich, das auf seiner Ausdrucksseite und auf seiner Inhaltsseite formal zu untersuchen sei. Dazu müsse die Kommutation als grundlegende sprachliche Relation gesehen und die Sprachwissenschaft im größeren Zusammenhang einer Zeichentheorie oder Semiotik (Semiologie) begriffen werden.“

[Lewandowski, Th.: Linguistisches Wörterbuch. Heidelberg, 1973; Bd. 1, S. 199-200]

Zeichen

In der Moderne in Literaturtheorie und Literaturkritik spielt die SEMIOTIK – eine allgemeine Theorie (oder 'Wissenschaft  vom Wesen der Zeichen und deren Leben in der Kultur und der Geschichte – in ihren verschiedenen Ausprägungen eine bedeutende Rolle bzw. verdanken einige Bereiche der Literaturtheorie und -kritik der Semiotik ihr Entstehen. Die Semiotik ist demnach nicht das Kind der Literaturtheorie oder der Literaturkritik, und es gibt keine Zeichentheorie, die literaturspezifisch wäre bzw. vorwiegend oder ausschließlich auf die Literatur gerichtet. Wenn sich Literaturkritiker und -theoretiker dennoch mit semiotischen Theorien befassen, dann ist dies zum einen darauf zurückzuführen, dass man nicht mehr so sehr von der Spezifität der Literatur und dessen, was sich wenig elegant als literarische Kommunikation bezeichnen lässt, überzeugt ist, zum anderen verfügt man damit über die Grundlage für die Erforschung der Gemeinsamkeiten zwischen literarischen Werken und deren Lektüre und der so genannten 'nicht-literarischen Kommunikation'.

Zuallererst ist zwischen Zeichen und Symptom zu unterscheiden. Der Hauptunterschied liegt wohl in der Konventionalität des Zeichens: Ein Symptom ist durch die Natur festgelegt und wird auch so interpretiert, ein Zeichen dagegen ist durch KONVENTIONEN festgelegt und wird auch in deren Lichte interpretiert. Einige Theoretiker betrachten das Symptom als Untergruppe des Zeichens, während andere die beiden streng voneinander unterscheiden. Dabei spielen natürlich auch Fragen der INTERPRETATION oder der MOTIVATION eine Rolle.

Im Bereich der Literatur ist die wahrscheinlich bisher einflussreichste Zeichentheorie jene des Schweizer Sprachwissenschaftlers Ferdinand de Saussure. Saussure definierte allerdings nicht das Zeichen als solches, sondern das sprachliche Zeichen, wenn auch viele seiner Nachfolger seine Definition auf nicht-sprachliche Zeichen ausgedehnt haben. Verallgemeinerungen wie 'Saussure definierte das Zeichen als ...' sind nicht unproblematisch und umstritten. (Saussure sprach allerdings tatsächlich von der damals noch nicht existenten Semiologie als Wissenschaft, die Zeichen im allgemeinen und deren Rolle im sozialen Leben untersuchen würde, aber er assoziierte  die Gesetze der Semiologie aufs engste mit den in der Sprachwissenschaft gültigen Gesetzen.)

Saussure lehnte die Alltagsvorstellung ab, dass das sprachliche Zeichen einen Namen und eine Sache in sich vereinigte, und fasste es stattdessen auf als 'etwas im Geist tatsächlich Vorhandenes, das zwei Seiten hat', und sich durch das obige Diagramm darstellen ließ (1967, 77-8).

Saussure gab zu, dass dies dem damals üblichen Sprachgebrauch zuwiderlief (da, so Saussure, das Wort Zeichen im Allgemeinen nur das Lautbild bezeichnete); um einer AMBIGUITÄT vorzubeugen, seien drei verwandte Termini notwendig:

Ich schlage also vor, dass man das Wort Zeichen beibehält für das Ganze, und Vorstellung bzw. Lautbild durch Bezeichnetes und Bezeichnung (Bezeichnendes) ersetzt; ... (1907, 78-79)

Das französische signifié wird im Deutschen als Signifikat oder Bezeichnetes, im Englischen als signified (vereinzelt auch significance) wiedergegeben, signifiant als Signifikant oder Bezeichnendes bzw. signifier (vereinzelt auch signal).

Nachfolgende Theoretiker, unter anderem auch Jacques Lacan, sehen die Verbindung zwischen Signifikant und Signifikat um vieles problematischer: sich verändernd, vielschichtig und kontextabhängig. Jacques Derrida ist der Ansicht, dass Saussure die in seinen Arbeiten enthaltenen revolutionären Ansätze selbst wieder zunichtemachte, denn, so Derrida, durch die Gleichsetzung von signatum (das, was bezeichnet wird) und Vorstellung bzw. Begriff ließ er die Möglichkeit offen, 'einen Begriff zu denken, der in sich selbst Signifikat ist, und zwar auf Grund seiner einfachen gedanklichen Präsenz und seiner Unabhängigkeit gegenüber der Sprache, das heißt gegenüber einem Signifikantensystem' (1986, 556). Saussure erfüllt, so Derrida weiter, die 'klassische Forderung' nach eine TRANSZENDENTALEN SIGNIFIKAT (1986, 56). Mit anderen Worten wird dem Begriff eine Identität zugeschrieben, die von dem die Unterschiede zwischen Signifikanten definierenden System unabhängig ist: Der Begriff wird als außersystemisch und in sich geschlossen betrachtet.

Was auf dem Weg von der alltäglichen Auffassung von Zeichen zu Saussures Zeichenbegriff verloren geht, ist das Objekt bzw. das, was die außersprachliche Wirklichkeit repräsentiert. Deshalb sind viele Nachfolger Saussures der Ansicht, dass es zwischen der Sprache und der außersprachlichen Wirklichkeit keine Verbindung gibt; vor allem einige Literaturkritiker und -theoretiker, die Saussures Zeichentheorie auf die Literatur anwenden wollen, vertreten vehement diese Auffassung. Dabei berufen sie sich auf Saussures Ausführungen über die ARBITRARITÄT der Zeichen und darauf, dass Saussures Linguistik rein SYNCHRON sei und jede DIACHRONE oder historische Sprachbetrachtung ablehne. An anderer Stelle (Hawthorn 1987, 52-7) habe ich nachzuweisen versucht, dass diese Behauptungen sämtlich unrichtig sind und Saussure das, worauf sie sich stützen, in seinen Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft ausdrücklich verwirft. Die Annahme sämtlicher oder einiger dieser Behauptungen als richtig hat jedoch einem neuen, seit den 60er Jahren aufgekommenen Formalismus als theoretische Basis gedient, einem Formalismus, der die Literatur vom Leben und die Kunst von der Gesellschaft, der Kultur und der Geschichte isoliert. Nur ein Beispiel soll das an dieser Stelle illustrieren: In seinem Buch Semiotics and Interpretation schreibt Robert Scholes über Saussures Zeichentheorie:

Von Saussure, wie er von Roland Barthes und anderen fortgeführt worden ist, haben wir gelernt, die unüberbrückbare Kluft zwischen Wort und Ding, Zeichen und Referent zu erkennen. Die französischen Strukturalisten und deren Nachfolger haben die ganze Idee von 'Zeichen und Referent' als zu materialistisch und vereinfachend abgelehnt. Zeichen beziehen sich nicht auf Dinge, sie bezeichnen Vorstellungen, und Vorstellungen sind Aspekte der Gedankenwelt, nicht der Realität. (1982, 24)

Zur Verteidigung Scholes' ist zu sagen, dass er wohl diese 'Erkenntnis' in Frage stellt, nicht aber, ob man wirklich Saussure dafür verantwortlich machen kann. Ansonsten vermitteln seine Ausführungen ein klares Bild der in den 70er und 80er Jahren herrschenden Orthodoxie.

Eine gute Darstellung einiger weiterer wichtiger Zeichentheorie liefert Edmund Leach im zweiten Kapitel seines Buches Kultur und Kommunikation (1978). Er behandelt nicht nur Saussure, sondern auch C.S. Peirce, Ernst Cassirer, L. Hjelmslev, Charles Morris, Roman Jakobson und Roland Barthes; dem Wort 'Zeichen' weist er in seiner eigenen Terminologie, die er in einem komplizierten Diagramm darstellt, allerdings nur eine sehr beschränkte Funktion zu. (Auch Roland Barthes bedient sich in seiner frühen Schrift Elemente der Semiologie eines komplizierten Diagramms, während hier bewusst auf dieses Hilfsmittel verzichtet wurde.)

In seiner Diskussion der Arbeiten Peirces betont Jonathan Culler (1981, 23), dass es sich bei der Unterscheidung zwischen IKON, INDEX und SYMBOL, die Peirce entwickelte und die auf nachfolgende Forscher großen Einfluss hatte, nur um eine von vielen von ihm vorgeschlagenen semiotischen Taxonomien handelt, und dass er sich letztendlich auf 66 Klassen von Zeichen festlegte – eine Zahl, die von späteren Theoretikern nicht aufgegriffen wurde.

In seinen späteren Schriften verwendet Roland Barthes vom Wort 'Zeichen' abgeleitete Termini auf sehr idiosynkratische Weise: In Die Lust am Text definiert er zum Beispiel Signifikanz (signifiance) als 'Sinn, insofern er sinnlich hervorgebracht wird' (1974, 60) – eine Definition, die sich erwartungsgemäß kaum durchsetzen konnte. Eine sehr brauchbare Diskussion der französischen Termini signifiance und signification, wie Barthes und Julia Kristeva sie verwenden, findet sich in Richard Harlands Buch Superstructuralism; die Verwendung dieser beiden Begriffe, so Harland, ist dadurch charakterisiert, dass signification Bedeutungsfixiertheit innerhalb eines Systems meint, während der Text als signifiance ein offener Bedeutungsprozess und INTERTEXTUELL ist. Aber auch dieser sehr spezialisierte Sprachgebrauch hat auf die Arbeiten anderer, nicht‑französischer Autoren kaum eingewirkt.

Gérard Genette hat für die Bedürfnisse der ERZÄHLTHEORIE folgende Anpassung der Saussureschen Zeichendefinition vorgeschlagen: man könnte, so Genette, 'das Signifikat oder den narrativen Inhalt als Geschichte (histoire) bezeichnen', 'den Signifikant, den Diskurs oder den narrativen Text als solchen als Erzählung (récit) und den narrativen Schöpfungsprozess als Erzählen (narration)' (1972a, 72). Die vorgeschlagene Terminologie ist zweifellos brauchbar, inwiefern sie auf die Saussuresche Definition des sprachlichen Zeichens zurückgeht, sei dahingestellt.

Jacques Derrida ist der Auffassung, dass es kein Signifikat gibt, 'das dem Spiel aufeinander verweisender Signifikanten entkäme, welches die Sprache konstituiert'.

Die Heraufkunft der Schrift ist die Heraufkunft des Spiels; heute kommt das Spiel zu sich selbst, indem es die Grenze auslöscht, von der aus man die Zirkulation der Zeichen meinte regeln zu können, indem es alle noch Sicherheit gewährenden Signifikate mit sich reißt, alle vom Spiel noch nicht erfassten Schlupfwinkel aufstöbert und alle Festen schleift, die bis dahin den Bereich der Sprache kontrolliert hatten. Streng genommen läuft dies auf die Dekonstruktion des Begriffs 'Zeichen' und seiner ganzen Logik hinaus. (1974. 17-8).

Vielen mag dieser Nachruf vielleicht verfrüht erscheinen.

[Hawthorn, Jeremy: Grundbegriffe moderner Literaturtheorie. Tübingen / Basel: Francke, 1994, S. 354-358]

„Posner kritisiert die Klassifikation Searles nicht, er macht stattdessen einen Vorschlag zu ihrer Fundierung. Posner offeriert eine zeichentheoretische Definition der Deklarativa, Direktiva, Expressiva und Kommissiva. Er begreift diese Definition als Explikation der von Searle unterschiedenen Sprechaktkategorien und weist darauf hin, dass das dargebotene Begriffssystem zur Deduktion der Universalität und Vollständigkeit der Typologie Searles verwendet werden können; diese sei ein Spezialfall des dargebotenen Begriffssystems (Posner, R.: „Believing, causing, intending: The basis for a hierarchy of sign concepts in the reconstruction of communication“. In: Jorna, R. J. / van Heusden, B. / Posner, R. (eds.): Signs, Search, and Communication. Semiotic Aspects of Artificial intelligence. Berlin, 215-270).

Posner unterscheidet zunächst die folgenden grundlegenden Zeichentypen: das Signal, den Indikator, den Ausdruck (oder die Expression) und die Geste. All diese Zeichentypen sind an Zeichenprozessen beteiligt, und da alle Zeichenprozesse als spezielle Arten von Kausalprozessen betrachtet werden können, stellt Posner den vermeintlich einfachsten Fall eines Kausalprozesses, die schlichte Verursachung (’cause’), den soeben erwähnten vier Zeichentypen voran.

(i)       Von einer Verursachung kann gesprochen werden, ohne dass Verhaltenssysteme in den Kausalprozess involviert sind: Das Eintreten des Ereignisses f, der Ursache, verursacht das Eintreten eines anderen Ereignisses e, der Wirkung. Alle anderen der von Posner unterschiedenen Kausalprozesse setzen reagierende Verhaltenssysteme voraus, der Ausdruck und die Geste darüber hinaus, zumindest virtuell, Handlungssysteme voraus.

(ii)     Von einem Signal kann gesprochen werden, wenn das Eintreten des Ereignisses f ein reagierendes Verhaltenssystem a dazu veranlasst, die Verhaltensreaktion r zu zeigen, d.h. r zu tun.

(iii)   Von einem Indikator kann gesprochen werden, wenn das Eintreten des Ereignisses f ein reagierendes Verhaltenssystem a dazu veranlasst, eine Annahme hinsichtlich des Sachverhalts p zu machen, also z.B. zu glauben, dass p besteht.

(iv)    Von einem Ausdruck (oder einer Expression) kann gesprochen werden, wenn das Eintreten des Ereignisses f ein reagierendes Verhaltenssystem a dazu veranlasst anzunehmen, dass ein anderes Verhaltenssystem b in einem bestimmten Zustand Z ist.

(v)      Von einer Geste kann gesprochen werden, wenn das Eintreten des Ereignisses f ein reagierendes Verhaltenssystem a dazu veranlasst anzunehmen, dass das Verhaltenssystem b die Absicht hat, ein weiteres (zukünftiges) Ereignis g herbeizuführen, d. h. g zu tun.

Posner unterscheidet mithin fünf Arten von Wirkungen, die das Eintreten eines bestimmten Ereignisses f zeitigen kann:

a)   ein weiteres Ereignis e sowie die folgenden vier Arten von ’Antworten’:

b)   dass a r tut,

c)   dass a glaubt, dass p

d)   dass a glaubt, dass b im Zustand Z ist,

e)   dass a glaubt, dass b die Absicht hat, g zu tun.

Als Zeichen können dabei diejenigen Ereignisse betrachtet werden, die Wirkungen der Art (b) bis (e) hervorbringen. Das (a) hervorbringende Ereignis ist kein Zeichen, es ist eine bloße Ursache. Solche Ereignisse sind aus dem Reich der Zeichen auszuschließen. [...]

Kommunikationsakte sind selbstreferentiell: Sie bestehen in einem Handeln, Signalisieren, Indizieren, Ausdrücken oder in einem Gestikulieren, das realisiert wird, indem es indiziert wird.

Deklaratives Kommunizieren besteht in einem Handeln, das vollzogen wird dadurch, dass es indiziert wird. Direktives Kommunizieren besteht in einem Signalisieren, das vollzogen wird dadurch, dass es indiziert wird. Assertives Kommunizieren besteht in einem Indizieren, das vollzogen wird dadurch, dass es indiziert wird. Expressives Kommunizieren besteht in einem Ausdrücken, das vollzogen wird dadurch, dass es indiziert wird. Und kommissives Kommunizieren besteht in einem Gestikulieren, dass vollzogen wird dadurch, dass es indiziert wird (Posner 1993, 236). [...]

An dieser Stelle sei noch auf den – sicherlich bemerkenswerten – Umstand hingewiesen, dass Posner das von ihm vorgestellte Modell des Kommunizierens auch im Hinblick auf höherstufige Arten des Kommunizierens expliziert hat. Eine höherstufige Kommunikationsart ist gegeben, wenn anstelle einer sprachlichen Handlung eine nichtsprachliche Handlung vollzogen wird. Beispiel: Der Vorsitzende eines Ausschusses eröffnet erneut eine von ihm zuvor unterbrochene Sitzung durch eine bestimmte Art des Hustens, anstatt die Sitzung förmlich dadurch wiederzueröffnen, dass er sagt ’Ich eröffne hiermit die Sitzung wieder’ (vgl. ebd., 255). Die (nicht realisierte) verbale Äußerung wäre ein Standardbeispiel für einen Deklarativ. Der in einer erkennbaren Weise hustende Ausschussvorsitzende kann den von ihm zu realisierenden verbalen Deklarativ durch sein Husten indizieren – und zwar in der Annahme, dass sein Husten von den anwesenden Ausschussmitgliedern als Wiedereröffnung der Sitzung, also als eine bestimmte deklarative Art des Kommunizierens, erkannt und anerkannt wird.

Das Husten, und Analoges gilt für andere Formen eines solchen, nichtsprachlichen Handelns, stellt insofern eine höherstufige Art des Kommunizierens dar, als es als ein Indikator einer Deklaration anzusehen ist. Das heißt, es kann (in Posners Modell) nicht nur von Indikatoren des Handelns, Signalisierens, Indizierens, Ausdrückens und Gestikulierens gesprochen werden, sondern auch von Indikatoren eines Deklarativs, eines Direktivs, eines Assertivs, eines Expressivs und eines Kommissivs. Darüber hinaus kann, auf einer weiteren Ebene, auch vom Indizieren eines Deklarativs, Direktivs etc. gesprochen werden. Auf einer noch höheren Ebene ist dann, hinsichtlich des Verhaltens f, die Rede davon, dass es eine Deklaration ist, die durch das Indizieren dieser Deklaration zustande kommt. Analog dazu ist auf der entsprechenden Ebene die Rede von einem Direktiv, der durch das Indizieren dieses Direktivs zustande kommt etc. (Posner 1993, Fig. 4).

Das alles, um nichtsprachliche Realisierungsvarianten gewöhnlicher Sprechakte zu beschreiben.“

[Rolf, Eckard (Hg.): Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1997, S. 125-133]

Zeichen

Als Zeichen bezeichnet man etwas, das für etwas anderes steht und auf dieses hinweist.

Bereits Ockham unterscheidet natürliche Zeichen und konventionelle Zeichen zurück, wobei Begriffe natürliche Zeichen und Worte konventionelle Zeichen sind.

Locke führt den Ursprung der Begriffe und Bedeutungen auf Ideen zurück, die entweder aus sinnlichen Eindrücken von Gegenständen außerhalb unseres Bewusstseins oder aus der inneren Tätigkeit des Bewusstseins entspringen. Nach Locke sind Vorstellungen Zeichen für Gegenstände außerhalb unseres Bewusstseins. Wörter sind Zeichen für Vorstellungen im Bewusstsein.

Nach Wolff ist ein Zeichen „ein Ding, daraus ich entweder die Gegenwart oder die Ankunft eines anderen Dinges erkennen kann, das ist, daraus ich erkenne, dass es wirklich an einem Orte vorhanden ist, oder daselbst gewesen, oder auch daselbst etwas entstehen werde“ (Vernünftige Gedanken I, § 292).

Leibniz, auf den viele Zeichen der heutigen Mathematik zurückgehen, sagt, dass die Menschen Zeichen nicht nur verwenden, um ihre Gedanken mitzuteilen, sondern dass sie auch zum Denken benutzt werden.

In Traitée des systèmes unterscheidet Condillac Zeichen, die mit dem Gegenstand zufällig zusammenhängen, natürliche Zeichen und künstliche oder bedingte Zeichen (Sprache und Schrift).

In der Logik unterscheiden wir Grundzeichen und abgeleitete Zeichen.“

[http://www.phillex.de/zeichen.htm]

Was ist ein Zeichen? Einige der heutigen Sprachphilosophen subsumieren die Sprache unter die Zeichen, andere wollen in ihr mehr als Zeichen sehen. Es ist zunächst zu klären, was unter ‘Zeichen’ verstanden werden soll. Deshalb sei folgende Definition dafür vorgeschlagen: Ein Zeichen ist eine von ihrer Umgebung abgehobene empirische Begebenheit, die faktisch auf etwas von ihr Unterscheidbares bezogen ist und deshalb dazu dient, den zu beeinflussen, der sie unter dieser Rücksicht erfasst.

Verbreitet findet sich etwa die Festlegung, Zeichen sei ein Gegenstand, der dazu diene, durch seine Wahrnehmung oder Vorstellung die Vorstellung eines anderen Gegenstandes hervorzurufen, dem er zugeordnet sei. Aus der im Folgenden aufgeführten Unterteilung der Zeichen ergibt sich, dass diese Definition bestenfalls für die substitutiven Gegenstandszeichen, also nur für eine kleine Untergruppe der Zeichen gilt.

Die Scholastik hinwiederum definiert das Zeichen kurz als „id que cognito aliud cognoscitur“. Abgesehen davon, dass das Zeichen nicht immer zur Erkenntnisvermittlung dient (z. B. Handlungszeichen), könnte das, „was als zuvor Erkanntes zur Erkenntnis eines anderen führt“, auch eine logische Prämisse sein, die dennoch nicht als Zeichen für den Folgesatz betrachtet wird, zu dessen Erkenntnis sie führt. In unserer Definition ist die Interpretationsmöglichkeit dadurch ausgeschieden, dass von einer ‘faktischen’, also nicht logisch notwendigen Beziehung gesprochen wird. Durch die Formulierung, diese Beziehung gehe auf ‘etwas von ihr (nämlich der materialen Zeichengegebenheit) Unterscheidbares’, wird einerseits ausgeschlossen, dass das Zeichen Zeichen für sich selbst ist, zum andern wird zugelassen, dass es als Kennzeichen einer von ihm zwar nicht getrennten, aber unterscheidbaren Realität dient. Das Material, das als Zeichen fungieren kann, wird bestimmt als ‘empirische Gegebenheit’. Unter ‘empirisch’ ist eine raum-zeitliche oder zumindest zeitlich einordenbare Bestimmung verstanden: alles sinnenhaft Wahrnehmbare ist empirisch, als Randfall auch das stumme Formulieren von Wörtern, die ja nicht immer laut geäußert werden müssen. Es muss gegeben sein, also der wahrnehmenden Erkenntnis vorliegen.

Dieser Zeichenträger steht, wie sich aus unserer Definition entnehmen lässt, in einer dreifachen Beziehung, nämlich:

(1)   zu eine Umgebung: Das Zeichen muss von seiner Umgebung abgehoben sein. Ein dürres Blatt im herbstlichen Laubwald kann nicht als Zeichen dienen, wohl aber ein Fichtenzweig in einem reinen Eichenwald. Eine chaotische Umgebung kann - ähnlich wie bei der Informationsübermittlung das ihr entsprechende so genante ‘Rauschen’ - die Zeichengebung erschweren oder sogar ausschließen.

(2)  zu dem, wofür ein Zeichen ist: Besteht dieser faktische Zusammenhang zwischen Zeichen und dem von ihm Angezielten (das nicht immer dadurch ‘bezeichnet’ ist) von Natur, so spricht man von natürlichem Zeichen, andernfalls von Konventionalzeichen;

(3)  zum Zeichenbenutzer: Er muss den Zeichenträger erfassen (1. Beziehung) und durch dessen Hinordnung auf etwas von ihm Unterscheidbares (2. Beziehung) beeinflussbar sein. In dieser Funktion der zweiten Relation liegt die formale Bestimmung von Zeichen: durch sie wird die ‘empirische Gegebenheit’, der Zeichenträger, zum Zeichen.

1.       Anzeichen (Symptome, Indizien), wie Fieber für Krankheit, Rauch für Feuer. Das Anzeichen verweist auf das, wodurch es verursacht ist.

2.      Kennzeichen (Unterscheidungsmerkmale, Charakteristika, Typika) sind Eigenheiten, an denen einer Art oder ein Individuum erkannt werden kann (z. B. Fingerabdrücke). Vereinbarte ‘Kennzeichen’ gehören zu den Anzeigezeichen (z. B. Auto-Kennzeichen).

3.      Reaktionsauslösende Zeichen (Auslöser-Schemata, Signale im übertragenen Sinn) spielen im tierischen und menschlichen Verhalten eine wichtige Rolle.

4.      Konventionalzeichen, bei denen die erkennbare Beziehung zwischen Zeichen und Designat auf Konvention oder Tradition beruht.

5.      Hinweiszeichen verweisen auf etwas, ohne an dessen Stelle gebraucht zu werden.

6.      Handlungszeichen (Signale im engeren Sinn), die eine Handlung (oder Unterlassung) herbeiführen sollen; z. B. Verkehrsampeln, Schiedsrichterpfiffe, Notsignal für die Bergrettung.

7.      Anzeigezeichen, die einen Zustand angeben, der Erinnerung dienen, eine Übersicht vermitteln; z. B. Uhrzeiger, Grenzstein, Wasserstandsanzeiger, Behördenstempel, Lesezeichen.

8.     Substitutivzeichen stehen für etwas anderes, nämlich zunächst entweder für Ideen oder für Gegenstände:

9.      Ideenzeichen, auch Symbole genannt, durch die etwas Unanschauliches, besonders die Bedeutsamkeit von Gegenständen und Geschehnissen für den Menschen (daher Sinnbild) dargestellt werden soll (z. B. Staatswappen, † als Symbol des Todes). In diesem strengen Sinn wären weder die logischen ‘Symbole’ noch die ‘Symbol’-funktion der Sprache bei Bühler richtig benannt. Bisweilen gebraucht man jedoch ‘Symbol’ einfach für ‘Zeichen’.

10.  Gegenstandszeichen sind den Objekten, für die sie stehen, entweder ähnlich oder nicht. Im ersten Fall spricht man von ikonischen Zeichen (Abbildzeichen). Landkarten etwa versuchen die Landschaftsstruktur nachzubilden, auch Bilderschrift besteht jedenfalls ursprünglich aus Abbildzeichen; hingegen handelt es sich bei der Lautschrift um unähnliche Gegenstandszeichen, weil die Buchstaben den Lauten, für die sie stehen, nicht ähneln.“

[Keller, Albert: Sprachphilosophie. Freiburg/München: K. Albert, 1979, S. 32-36]

Kritik an den zeichentheoretischen Ansatz H. E. Brekles

„Für Brekle fungieren die einzelnen Wörter der natürlichen Sprachen als Zeichen. In seiner Argumentation glaubt Brekle, sich auf Morris stützen zu können. Insbesondere geht es Brekle um eine Explikation des von Morris verwendeten Begriffs der »semantischer Regel«, der bei Morris ziemlich vage bleibt. Brekle bezieht sich auf die folgende Feststellung Morris’: »Der Ausdruck ‘semantische Regel’ bezeichnet in der Semiotik Regeln, die die Bedingungen angeben, unter denen ein Zeichen auf einen Gegenstand oder Sachverhalt anwendbar ist (...). Die semantischen Regeln korrelieren Zeichen mit Sachverhalten, die durch sie denotiert werden können« (Morris 1972: 44). [...] Brekle versucht nun, diese »semantische Regel« durch den Begriff der Abbildungsbeziehung zu erklären. Nach seiner Auffassung »beziehen sich semantische Regeln auf die Abbildungsbeziehungen, die zwischen Abfolgen von Zeichenformen einerseits und Objekten oder Sachverhalten andererseits bestehen müssen« (Brekle 1972: 30).

Die semantischen Merkmale, welche die Bedeutung eines Wortes definieren, sind also nach Brekle aus den begrifflichen Merkmalen des durch das Wort denotierten Objekts abzuleiten. Sie sind letztlich mit diesen identisch. Brekle unterscheidet zwischen »essentiellen« und »unwesentlichen« Merkmalen. Als semantische bzw. begriffliche Merkmale fungieren nur die essentiellen Merkmale.

Die Theorie der Wortsemantik basiert auf einem Referenzmodell, in welchem die einzelnen Wörter einer Sprache als Zeichen für solche außersprachlichen Phänomene aufzufassen sind, die sich nach den Prinzipien der Logik unter einen Begriff subsumieren lassen.“

[Kallmeyer, W. / Klein, W. / Meyer-Hermann, R. / Netzer, K. / Siebert, H. J.: Lektürekolleg zur Textlinguistik. Band 1: Einführung. Frankfurt/M: Athenäum, 1974, S. 103-106]

„In diesem Zusammenhang sei an den Versuch erinnert, den Morrischen Begriff der semantischen Regel als Abbildbeziehung zu interpretieren. Von beiden Wissenschaftler wird behauptet, dass Wörter Klassen von Gegenständen denotieren. Beide verstehen darunter aber nicht das gleiche. Wenn Morris diesen Gegenständen Klassencharakter zuschreibt, dann tut er dies aufgrund der Tatsache, dass sie durch ein und dasselbe Wort bezeichnet werden können. Das geht aus Passagen hervor, wo Morris wiederholt darauf hinweist, dass diese Gegenstände sachlich nichts miteinander zu tun zu haben brauchen. Über die Zweckmäßigkeit einer derartigen Klassifizierung mag man geteilter Meinung sein. Morris bezieht einen konsequent semiotischen Standpunkt und nicht den eines Ontologen, welcher die Erscheinungen der Realität unter ganz anderen Aspekten klassifizieren würde. Brekle versucht demgegenüber, die semiotische und die logisch-ontologische Perspektive in eins zu setzen. Damit wird er allerdings weder Morris noch der Sprache gerecht.

Die einzelnen Wörter natürlicher Sprachen lassen sich referentiell auf eine Vielzahl von außersprachlichen Objekten oder Sachverhalten beziehen, die begrifflich nichts miteinander zu tun zu haben brauchen. Sie haben deshalb auch nicht die Eigenschaften von Zeichen.“

[Kallmeyer, W. / Klein, W. / Meyer-Hermann, R. / Netzer, K. / Siebert, H. J.: Lektürekolleg zur Textlinguistik. Band 1: Einführung. Frankfurt/M: Athenäum, 1974, S. 113]

Zeichen

Ein sinnlich wahrnehmbares Objekt, das auf ein anderes, aktuell nicht wahrnehmbares Objekt oder auf einen nicht wahrnehmbaren Gegenstand, ein Ereignis, auf Beziehungen zwischen Objekten, Gegenständen oder Ereignissen verweist bzw. diese repräsentiert.

G. Klaus unterscheidet im Anschluss an Morris Zeichengestalt und Zeichenträger oder Zeichenexemplare, letztere sind stets sinnlich wahrnehmbare (sprachliche) Gebilde, die auf etwas außer ihnen Liegendes verweisen und Bedeutung haben. Zu explizieren sind sie durch eine dreistellige Relation (x ist ein Z. Z für y im System z: Z xyz).

Im Sinne von Peirce, M. Bense und E. Walther ist ein Zeichen ein universales Mittel menschlicher Bewusstseinstätigkeit (die alle Arten von Wahrnehmung einschließt), ein Fundamentalbegriff zur Analyse von (menschlichen) Ausdrucksformen, Informationen und Kommunikationen, ein mentales System mit drei Bezügen, dem Mittel-, Objekt- und Interpretantenbezug, eine (generative) triadische Relation, die als internes Kommunikationsschema vorgestellt werden kann und als Gleichzeitigkeit von Mittel, Objekt und Interpretant aufgefasst werden muss. Versteht man “Interpretant” mit Peirce als “Denken” oder “Bedeutung”, als interpretierendes Bewusstsein, als Zeichenzusammenhang, in dem Interpreten ein Zeichen verstehen (Interpretation), dann ist das Zeichen als eine Drittheit das ontologisch “höchste Seiende”; als ein Repräsentamen der Welt hat es teil an der materiellen Welt (Mittelbezug), an der gegenständlichen Welt (Objektbezug) und an Denkzusammenhängen, Regeln und Gesetzmäßigkeiten (Interpretantenbezug). Das Zeichen als poly- oder intersensuales materielles, wiederholbares und ersetzbares gedachtes Etwas kann nicht isoliert auftreten; es ist immer Element eines (Mittel-)Repertoires. Der Gebrauch von Zeichen ist an Konventionen, an einen bestimmten Objektbereich, an ein bestimmtes Bewusstseinsfeld, an eine bestimmte Situativität (Umwelt und Kontextsituationen) und an einen bestimmten Kommunikationskanal gebunden.

Hinsichtlich der Komplexität werden Elementarzeichen (die bei ihrer Zerlegung materielle Bestandteile, nicht wieder Zeichen ergeben) und Molekularzeichen bzw. Zeichenkonnexe oder Superzeichen unterschieden. Beim Objektbezug des Zeichens wird trichotomisch differenziert in Ikon oder Bildzeichen (analoge Abbildung durch Bilder, Muster, Figuren usw.), Index oder Zeigezeichen (hinweisende Verbindung, kausaler Zusammenhang mit dem Objekt, z.B. Wegweiser, Rauch als Hinweis auf Feuer, Röte als Hinweis auf Fieber usw.), Symbol mit prinzipieller Willkürlichkeit, die durch Konventionen eingeschränkt wird.

Zeichenoperationen sind die Ersetzung oder Substitution eines Zeichens durch ein anderes (synonymes) Zeichen, evtl. verbunden mit einer Erweiterung (Expansion) oder Verkürzung (Reduktion) des Ausdrucks, die Adjunktion oder Reihung bzw. Verkettung, die Superisation, die zur Bildung von abgeschlossenen, hierarchisch strukturierten Konfigurationen oder Ganzheiten bzw. Superzeichen führt, sowie die Iteration, die, auf Adjunktion und Superisation aufbauend, aus gegebenen Elementarzeichen alle Teilmengen von Z. erzeugt (z.B. “x”, “y”, “z”: “xy”, “yx”, “zyx” usw.).

Zeichenfunktionen sind bei M. Bense und E. Walther zeichenintern die Bezeichnungsfunktion (Objektbeziehung) und Bedeutungsfunktion (Interpretantenbeziehung), zeichenextern die Kommunikationsfunktion, die Realisationsfunktion (konstruktive, präsentative oder repräsentative Erzeugung von auf Objekte bezogenen Zeichen), die Kodierungsfunktion (analoge, digitale und kopulative Kodierung).

G. Klaus unterscheidet bei der Funktion sprachlicher Zeichen den sich aus den Bedeutungs- und Bezeichnungsregeln ergebenden semantischen oder eidetischen Sinn (eidos: Begriff, Idee) und den sich aus den in einer Sprache geltenden syntaktischen Regeln und Beziehungen ergebenden operativen Sinn eines Zeichens. In einer (formalen) Theorie können Zeichen als ideale Elemente zunächst einen rein operativen (z.B. kalkülsprachlichen) Sinn haben, der sich im Verlauf forschender Bemühung mit semantischem oder eidetischem Sinn füllt.

Für Lurija ist im Anschluss an Pawlows Konzeption des zweiten Signalsystems und an Auffassungen Wygotskis die direktive oder regulative Funktion des Zeichens von Bedeutung: Das sprachliche Zeichen erscheint als Hauptmittel zur Steuerung höherer psychischer Prozesse. Diskutiert wird die kognitive, heuristische oder gnoseologische Funktion des Zeichens (für Peirce z.B. erfolgt Denken nie ohne Zeichen).

Nach Piaget entwickelt die Zeichenfunktion als Fähigkeit, etwas durch ein Zeichen zu repräsentieren, sich ontogenetisch auf Grund von Nachahmung und Spiel, verschobener Nachahmung (d.h. Nachahmung ohne aktuelle Präsenz des Vorbildes), von Zeichnen, Malen, Modellieren und inneren Bildern (es entstehen Signifikatoren, die ein Signifikat repräsentieren) auf einer bestimmten Stufe der kognitiven Entwicklung des Kindes.

Durch die Arbeiten von Morris ist es üblich geworden, zwischen dem syntaktischen Aspekt (auch: Ebene oder Dimension), unter dem die Beziehungen zwischen den Zeichen untereinander untersucht werden, dem semantischen Aspekt (Beziehungen zwischen Zeichen und Objekten bzw. Gegenständen der Außenwelt) und dem pragmatischen Aspekt (Beziehungen Zeichen gegenüber Interpreten) zu unterscheiden. Die drei Dimensionen sind als Aspekte eines einheitlichen Semiose-Prozesses zu verstehen, systematisch setzt die Pragmatik die Syntax und die Semantik voraus. Der Gebrauch von Zeichen erfolgt nach syntaktischen, semantischen und pragmatischen Regeln; dabei wird für die Syntax eine gewisse pragmatische Fundierung angenommen.

G. Klaus unterscheidet zusätzlich zwischen semantischem Aspekt (Bedeutung) und sigmatischem Aspekt (Bezeichnung, Referenz, Abbildung) und erhält damit ein vieraspektiges Modell.

In der strukturalistischen Linguistik hat sich durch Saussures Blattmetapher, auch gestützt durch Cassirer, Hjelmslev u.a., ein psychologisch reduziertes Verständnis der Zeichenkonstitution etabliert. Ein sprachliches Zeichen ist für Saussure eine Einheit von Laut und Vorstellung, eine untrennbare konstitutive Verschmelzung eines Segments der an sich amorphen Lautmasse mit einem Segment des seiner Natur nach chaotischen Denkens: Erst der Laut-Gedanke schafft Einteilungen; die Sprache arbeitet ihre Einheiten zwischen zwei gestaltlosen Massen heraus.

Morris hatte vermutet, dass der Begriff des Zeichens sich für die Wissenschaft vom Menschen als ebenso fundamental erweisen könnte wie etwa der Begriff des Atoms für die Physik oder der Begriff der Zelle für die Biologie.

Klaus unterstreicht, dass die Ersetzung der Dinge durch Begriffe und die Ersetzung der Bearbeitung der Begriffe durch die Bearbeitung semiotischer Zeichen die Voraussetzung für die Entwicklung der modernen (exakten) Wissenschaften war. Auf die Tatsache, dass Zeichen nicht nur zur Kommunikation mit anderen dienen, sondern auch unseren eigenen Gedanken helfen, wies u.a. Leibniz hin.

G. Frege sieht uns ohne die Hilfe der Z. auf das beschränkt, “was unsere Hand gestalten, unsere Stimme zu tönen vermag”. Wir “dringen ... Schritt für Schritt in die innere Welt unserer Vorstellungen ein und bewegen uns darin nach Belieben, indem wir das Sinnliche selbst benutzen, um uns von seinem Zwange zu befreien”. Auch wenn wir nach längerer Übung nicht mehr laut zu sprechen brauchen, um zu denken, “in Worten denken wir trotzdem und, wenn nicht in Worten, doch in mathematischen oder anderen Zeichen”. Diskutiert wird, u. a. im Anschluss an Husserl, ob Erkenntnis auch auf nichtsemiotischem Wege möglich sei (vgl. K.-0. Apels Transformationen der Philosophie).”

[Lewandowski, Th.: „Zeichen“. In: Braun, Edmund / Radermacher, Hans: Wissenschaftstheoretisches Lexikon. Graz / Wien / Köln: Styria, 1978, S. 680-683]

„Wenn ein Code die Elemente eines übermittelnden Systems den Elementen eines übermittelten Systems zuordnet, so wird das erste zum Ausdruck des zweiten und das zweite zum Inhalt des ersten. Eine Zeichen-Funktion entsteht, wenn ein Ausdruck einem Inhalt korreliert wird, wobei die beiden korrelierten Elemente die Funktoren einer solchen Korrelation sind.

Wir sind jetzt in der Lage, den Unterschied zwischen einem Signal und einem Zeichen zu erkennen. Ein Signal ist eine relevante Einheit eines Systems, das ein einem Inhalt zugeordnetes Ausdruckssystem, aber ebenso auch ein (dann von der Informationstheorie in engerem Sinn als solches untersuchtes) rein physikalisches System ohne jeden semiotischen Zweck sein kann; ein Signal kann ein Reiz sein, der nichts bedeutet, aber etwas bewirkt; es kann aber, wenn es als erkanntes Vorgängiges zu einem vorhergesehenen Nachfolgendem benutzt wird, als Zeichen betrachtet werden, insofern es (für den Sender oder den Empfänger) für sein Nachfolgendes steht. Ein Zeichen korreliert immer Elemente einer Ausdrucksebene mit Elementen einer Inhaltsebene.

Immer wenn eine von einer menschlichen Gesellschaft anerkannte Korrelation dieser Art besteht, liegt ein Zeichen vor. Nur in diesem Sinn ist es möglich, Saussures Definition, wonach ein Zeichen die Entsprechung zwischen einem Signifikanten und einem Signifikat ist, zu akzeptieren. Aus diesem Ansatz ergeben sich einige Konsequenzen: (a) Ein Zeichen ist keine physische Entität, denn diese ist höchstens das konkrete Exemplar des relevanten Ausdruckselements; (b) ein Zeichen ist keine fixe semiotische Entität, sondern eher ein Treffpunkt unabhängiger Elemente (die aus zwei unterschiedlichen Systemen zweier verschiedener Ebenen kommen und aufgrund einer Codierungskorrelation assoziiert werden).

Genau genommen gibt es nicht Zeichen, sondern nur Zeichenfunktionen. Hjelmslev zufolge »scheint es aber angemessen zu sein, das Wort Zeichen zu verwenden als Name für die Einheit aus Inhaltsform und Ausdrucksform, die von der Solidarität, die wir die Zeichenfunktion genannt haben, etabliert wird« (1943 [1961: 58]; dt. 1974: 61). Eine Zeichenfunktion kommt zustande, wenn zwei Funktive (Ausdruck und Inhalt) in wechselseitige Korrelation zueinander treten; dasselbe Funktiv kann auch in eine andere Korrelation eintreten, wodurch es ein anderes Funktiv wird und eine neue Zeichenfunktion entstehen lässt. Zeichen sind also das vorläufige Ergebnis von Codierungsregeln, die transitorische Korrelationen von Elementen festsetzen, wobei jedes dieser Elemente - unter vom Code bestimmten Umständen - auch in andere Korrelationen eintreten und so ein neues  Zeichen bilden kann.

Man kann sogar sagen, es sei nicht richtig, dass ein Code Zeichen organisiere; richtiger sei es zu sagen, Codes stellten die Regeln bereit, die im kommunikativen Verkehr Zeichen als konkrete Gebilde generieren. Der klassische Begriff >Zeichen< löst sich also auf in ein hochkomplexes Netzwerk wechselnder Beziehungen. Die Semiotik sieht hier eine Art molekularer Landschaft, in der das, was wir als alltägliche Formen zu erkennen gewohnt sind, sich als Resultat vorübergehender chemischer Aggregationen erweist und die so genannten >Dinge< nur das Oberflächenbild eines zugrundeliegenden Netzwerks elementarerer Einheiten sind. Oder, besser, die Semiotik gibt uns eine Art photomechanischer Erklärung der Semiose, indem sie uns enthüllt, dass da, wo wir Bilder zu sehen glaubten, sich nur strategisch angeordnete Aggregationen schwarzer und weißer Punkte befinden, Alternationen von Anwesenheit und Abwesenheit, die nicht‑signifizierenden, nach Gestalt, Position und Farbintensität verschiedenen Grundelemente eines Rasters. Wie die Musiktheorie stellt die Semiotik fest, dass da, wo wir bekannte Melodien erkennen, nur eine komplizierte Verflechtung von Intervallen und Noten vorliegt, und wo wir Noten wahrnehmen, nur Bündel von Formanten.”

[Eco, Umberto: Semiotik. Ein Entwurf einer Theorie der Zeichen. München: Wilhelm Fink Verlag, 2., korrigierte Ausgabe 1991, S. 76-78]

«Die Einwendungen, die man gegen diese Klassifikation erheben könnte, gehen schon über den Bereich des Alltagsverstandes hinaus, weshalb wir sie hier vernachlässigen. Wir beschränken uns darauf, eine neue Version des Dreiecks zu geben, bei der wir an jede Spitze die von unterschiedlichen Klassifikatoren gebrauchen verschiedenen Kategorien eintragen:

Wie man sieht, gibt es einen Konsensus des gesunden Menschenverstandes zwar über die Dreiteilung, aber nicht über die Namen, mit denen man die drei Pole bezeichnen soll. Ja man hat sogar das, was wir als Gegenstand bezeichneten, als /Signifikat/, und das, was wir /Signifikat" nannten, als /Sinn/ bezeichnet. In manchen Fällen handelt es sich um bloße terminologische Divergenzen, in anderen verbergen sich unter den terminologischen Divergenzen tiefgehende Unterschiede im Denken. Eine Untersuchung dieser klassifikatorischen Alternativen müsste zu einer umfassenden und polemischen Geschichte der Semantik geraten. Insbesondere ein Punkt muss uns lebhaft interessieren: Wo steckt bei dieser Klassifizierung das Zeichen? Ist es das, was an der linken Ecke des Dreiecks steht? Saussure zufolge (Saussure, 1916) ist das Zeichen ein Kompositum aus Signifikant und Signifikat (während der Referent, die rechte Seite, die Linguistik nicht interessiert). Aber Saussures Ansicht stimmt nicht mit der gängigen Auffassung überein.

Da außerdem ein Signifikant sich auf mehrere Signifikate beziehen kann, wird diese angebliche Einheit –das Zeichen– äußerst fragwürdig und löst sich oft auf in ein Geflecht ständig sich neu strukturierender Korrelationen. Andererseits wird in philosophischen Kontexten /Zeichen/ in aller Regel Synonym von "Signifikant", d. h. als "etwas, das für etwas anderes steht", benutzt. Darum werden wir, sofern wir nicht ausdrücklich angeben, dass dies nicht der Fall sein soll, /Zeichen" als "Signifikant" verwenden. Rein theoretisch sollte man den Ausdruck /Zeichen/ besser nicht gebrauchen, denn er ist überaus mehrdeutig und missverständlich. Aber die Definition des Wörterbuches, in der die Ambiguität eine Reihe von semiotischen Konstanten zugrunde liegt, die wir der Bequemlichkeit halber /Zeichen/ nennen wollen.

Eines ist gewiss: Aus einer Klassifizierung, die das Zeichen als Element des Designationsprozesses fasst, folgt, dass das Zeichen stets als etwas, das für etwas anderes steht, fungiert. Peirce definiert es als "something which stands to somebody for something in some respect or capacity" (Peirce, 1931, 2. 228) – eine Definition, die sich übersetzen lässt mit: etwas, das für jemanden in irgendeiner Hinsicht oder aufgrund irgendeiner Fähigkeit für etwas anderes steht. "In irgendeiner Hinsicht", bedeutet, dass das Zeichen nicht die Totalität des Gegenstandes repräsentiert, sondern ihn –vermittels unterschiedlicher Abstraktionen– nur von einem bestimmten Gesichtspunkt aus oder im Hinblick auf einen bestimmten praktischen Zweck vertritt.»

[Eco, Umberto: Zeichen. Einführung in einen Begriff und seine Geschichte. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1977, S.  30-31]

„Bekanntlich ist der bei den Stoikern ausgebildete (vgl. Sext. Emp. Pyrrh.  Hyp. 1, 138: Math. 8, 11-12) und von Augustin (in den Schriften De magistro  und De doctrina christiana, vgl. K. Kuypers, Der Zeichen- und Wortbegriff  im Denken Augustins, Amsterdam 1934, erwähnt von E. Coseriu, Die  Sprachphilosophie von der Antike bis zur Gegenwart, Eine Übersicht,  Vorlesung Tübingen Wintersemester 1968/1969 ), Thomas von Aquin  (Quaestiones disputatae de veritate ) und Hegel (vgl. Enzyklopädie der  philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830), § 457f., dazu auch Th.  Bodammer, Hegels Deutung der Sprache, Hamburg 1969, S. 23-50) weiterentwickelte Begriff des sprachlichen Zeichens in der Sprachwissenschaft erst von de Saussure wieder aufgegriffen und kohärent in seiner Theorie eingebaut worden (vgl. CLG4 S. 97ff.). [...]

Das Problem der mehrgliedrigen sprachlichen Zeichen ist erst in letzter Zeit mehrfach zum Gegenstand theoretischer Erörterungen geworden. H. Frei hat 1962 in einem Aufsatz versucht, die "komplexe sprachliche Einheit" mit den Termini de Saussures zu erfassen. Dabei geht er von der Frage aus: Ist ein Syntagma ein Zeichen oder nicht? Sie wird von ihm grundsätzlich bejaht. Eine Kombination wie "dix-neuf" z.B. sei nach de Saussure ein "signe relativemente motivé". An keiner Stelle habe de Saussure jedoch von einer Unteilbarkeit des auf der Einheit von 'signifiant' und 'signifié' beruhenden sprachlichen Zeichens gesprochen. Um nachzuweisen, dass sich ein Syntagma syntaktisch genauso wie ein Monem verhalten kann, führt er eine Kommutationsprobe durch: ça m'a coûté dix-neuf francs lässt sich ohne weiteres durch ça me coûte vingt francs ersetzen, dieser ganze Satz wiederum durch tu le sais. Das syntaktische Verhalten der unterstrichenen Syntagmen und Moneme ist identisch, der gemeinsame Nenner zwischen beiden Arten von Einheiten ist ihr Zeichencharakter. Dagegen sind ça m', m'a, a  coût', é dix-  keine Syntagmen, also auch nicht jeweils ein Zeichen, da  ihrem signifiant nicht ein signifié entspricht. Wenn nun ein Syntagma ein Zeichen im Sinne de Saussures sein kann, müssen ihm auch dessen allgemeine Eigenschaften zukommen, d.h. es muss eine Einheit aus 'signifiant' und  'signifié' bilden, der 'signifiant' muss linear und arbiträr sein, usw.

H. Frei behandelt nur das Verhältnis von 'signifiant' und 'signifié'. Wie kann nun der signifiant eines Syntagmas aussehen? Die erte Möglichkeit,  nach der die Verbindung zwischen den 'signifiant' und den 'signifiés' der  einzelnen Bestandteile des Syntagmas an der Stelle bestünde, wo eine  Beziehung zwischen den 'sifnifiés' einerseits und den 'signifiants'  andererseits angenommen werden könnte, wird verworfen, weil nach der Lehre  Sasussures 'signifiant' bzw. 'signifié' nicht ausserhalb und unabhängig von  der Verbindung mit jeweils einem 'signifié' bzw. 'signifiant' gedacht  werden können: "Nous ne pourrions jamais concevoir la relation interne pour  chaque mot entre le concept et l'image acoustique" (bei Frei Anm. 9, S.  131). Es können also nur ganze Zeichen zu Syntagmen verbunden werden. [...] So wie Moneme aus Phonemen bestehen, die durch einen "signifié' als Einheit konstituiert werden, so besteht ein Syntagma aus Monemen, die durch eine Katena zusammengehalten werden.“

[Dietrich, W.: Der periphrastische Verbalaspekt in den romanischen Sprachen. Tübingen: Niemeyer, 1973, S. 22ff.]

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